Kosmetik ohne Tierversuche – Utopie oder Realität?
Seit 1998 sind Tierversuche an Endprodukten in Deutschland verboten. Ein Endprodukt ist ein fertiges Produkt, die enthaltenden Roh- und Inhaltsstoffe durften also weiterhin an Tieren erprobt werden. 2005 entschied die EU-Kommission, jegliche kosmetische Produkte zu verbieten, deren Inhaltsstoffe an Tieren getestet wurden. Drei Jahre später trat dann ein Verkaufsverbot für entsprechende Kosmetika in Kraft, allerdings mit der Ausnahme bestimmter Tests, die nach wie vor erlaubt sind. Optional lassen die Kosmetikfirmen ihre Produkte auch im Ausland testen, um entsprechende Gesetze zu umgehen.
Das heißt im Klartext: Kaufe ich beispielsweise einen Mascara der Marke L‘Oréal, so wurde zwar das fertige Produkt nicht an Tieren getestet, jedoch sämtliche Roh- und Inhaltsstoffe, die zur Produktion verwendet wurden. Als Färbemittel wurde wahrscheinlich Carbon verwendet. Um die gewünschte Konsistenz zu erhalten wurden Stoffe wie Terpentinöl, Paraffin, Carnaubawachs und Bienenwachs verarbeitet. Zu guter Letzt nutzt man die Eigenschaften von Nylon, Ceresin, Tragant, und Methylcellulose zum Verlängern und Versteifen der Wimpern. All diese z.T. hochchemischen Stoffe werden also isoliert und wahlweise über den Draize-Test an Kaninchen erprobt.
Man stelle sich also vor, eine prallgefüllte Spritze mit hochkonzentrierter Methylcellulose, was im Übrigen der Hauptbestandteil von Tapetenkleister ist, wird in den Lidsack eines Kaninchenauges gegeben, um den Stoff auf seine schleimhautreizende Eigenschaften zu testen. Reagiert das Tier empfindlich darauf, kommt es zu Augenreaktionen, die zur völligen Erblindung oder sogar zum Tode führen können. Was nimmt man nicht alles in Kauf für einen perfekten Wimpernaufschlag!?
Zwar ist ein EU-weites Verkaufsverbot jeglicher Kosmetika, deren Inhaltsstoffe an Tieren getestet wurde ab 2013 geplant, jedoch arbeitet die EU-Kommission derzeit an einer mehrjährigen bzw. unbefristeten Verschiebung des Verbotes. Grund dafür ist der bestehende Druck auf die Kommission seitens der Kosmetikindustrie. Also werden wohl weiterhin viele Millionen Tiere, darunter Hausmäuse, Wanderratten, Goldhamster, Meerschweinchen, Frettchen, Hunde und Primaten daran glauben müssen, und sich unter qualvollen Bedingungen schmerzhaften Vivisektionen und anderen Tests unterziehen müssen – damit die Kosmetikindustrie Geld spart und wir zugeschüttet werden mit neuen Pflegeprodukten.
Im Übrigen führen nahezu alle großen und bekannten Kosmetikfirmen die umstrittenen Tierversuche durch, darunter Beiersdorf, der Hersteller der beliebten Nivea-Creme, Henkel sowie Procter & Gamble. Immerhin haben sich aber auch schon viele Firmen klar gegen die Durchführung von Tierversuchen positioniert, ein Beispiel dafür ist der Drogeriemarkt dm, dessen Hausmarkenprodukte ausschließlich an freiwilligen Testpersonen erprobt werden.
Ob die Handvoll Firmen, welche bereits jetzt auf tierversuchsfreie Produktion umgestellt haben oder die schwammigen Gesetzte, welche ab dem nächsten Jahr in Kraft treten sollen bzw. bereits jetzt bestehen auch wirklich zu einer komplett tierunabhängigen Kosmetikindustrie in der Zukunft führen werden, ist unwahrscheinlich. Sicher ist jedoch, dass jedes gekaufte Produkt, das nicht an Tieren getestet wurde, ein Schritt in die richtige Richtung ist. Kauft man weiterhin Kosmetik, welche an Kaninchen, Mäuschen und Co. erprobt ist, bleibt die Nachfrage nach solchen Produkten bestehen und somit auch die Tierversuchsreihen. Also, informiert euch und kauft tierversuchsfrei, denn nur so kann der Wahnsinn im Versuchslabor gestoppt werden!
Eine Liste tierversuchsfreier Kosmetik findet man bei kosmetik-vegan.de oder auf der Peta-Homepage. Außerdem sind tierversuchsfreie Produkte mit einem entsprechenden deutschlandweiten bzw. internationalen Siegel gekennzeichnet.
